Dienstag, 8. November 2016

Eingewöhnung heißt Loslassen.

... oder auch Realität vs. Wunschdenken.

Leider komme ich wenig zum Schreiben, was eigentlich sehr schade ist, denn Schreiben ist für mich immer wie eine Therapie. Man kann sich und seine Gedanken ordnen oder auch einfach mal alles raussprudeln lassen, was eben raus muss.

Unser Baby ist schon lange kein Baby mehr. Vorbei sind die Zeiten zu Hause, vorbei ist seit Sommer auch offiziell meine Elternzeit. Seit Anfang des Jahres, sprich direkt nach dem ersten Geburtstag, war meine Tochter zwei Tage die Woche bei einer privaten Nanny in Betreuung. Die restliche Zeit waren wir zu Hause und haben einen sehr entspannten Winter bis Frühsommer erleben dürfen.

Meine Tochter abgeben zu müssen, hat mir das Herz gebrochen. Aber erst mal von vorn:

Den Platz bei der Tagesmutti ab Juni hatten wir schon sehr lange im Vorfeld sichern müssen. Im Babyjahr habe ich wenig Gedanken daran verschwendet, was es für mich bedeuten würde, wenn sich die Situation ändert. Alles war so weit weg. Der Job, den ich vorher nicht immer gern gemacht habe und auch die Vorstellung von der Vereinbarkeit. Ab Januar lief dann mein Elterngeld wie geplant aus und mein Mann übernahm für einen Monat das Zepter zu Hause.

Schon Monate bevor dies der Fall war, plagte mich nachts die Schlaflosigkeit und ich bekam Angstzustände. Nicht zum ersten Mal in meinem Leben. Viele Jahre zurück, hatte ich mit einer Angst- und Panikstörung zu kämpfen und habe eines gelernt aus dieser Zeit: Angst ist nicht mein Feind, sie will mich zugegeben etwas theatralisch darauf hinweisen, dass es etwas nicht stimmt. Mir zeigen ein Thema genauer zu betrachten.

Also stellte ich mich der Angst und arbeitete einen Plan mit meinem Mann und meinem Chef aus um die Zeit von Elternzeitende bis Tagesmutterstart zu überbrücken. So entstand die Lösung mit der privaten Nanny, danach folgte planmäßig die "richtige" Tagesmutti.

In der Zeit nach dem ersten Geburtstag plagten uns sehr, sehr schlechte Nächte. Als mein Mann Elternzeit hatte und meine Tochter gerade ein Jahr alt war, klammerte sie sich förmlich an mich. Denn es waren nun die ersten Wochen, wo wir erstmalig regelmäßig für 3-4 Stunden voneinander getrennt waren. Gleichzeitig wurde sie an die Nanny gewöhnt... das hat gedauert, aber dadurch dass die Nanny sehr einfühlsam war und sich voll und ganz auf unsere Tochter konzentrieren konnte, klappte das bald und ich fühlte auch kein schlechtes Gewissen. Denn wir hatten ja viele freie Nachmittage und fünf von sieben Tagen pro Woche ganz für uns.

Die letzten Wochen meiner Elternzeit nutzte ich ganz intensiv und bewusst um mit meiner Tochter Unternehmungen zu machen, ganz für uns alleine als Mama und Tochter. Picknick, zum Nordsee Essen gehen, Zoo. Kleine Sachen, die ich mir gemerkt habe und die für immer in meinem Herzen bleiben werden, weil sie ganz für uns waren.

In der Zeit lernt meine Tochter auch sehr viel neue Wörter, konnte auf einmal vom Löffel alleine essen, usw. Vieles was man auch ohne Kita und Co. lernt.

Die Eingewöhnung sollte Ende Mai starten, vorgezogen, da die Tagesmutter dann erstmal drei Wochen (!) in den Urlaub fuhr. Eine Ersatzbetreuung war gewährleistet, aber es war zugegeben etwas unglücklich. Plötzlich hatte ich kein so gutes Gefühl mehr. Ich beäugte die Tagesmutter genau, wie sie mit den Kindern umging. Alles war aufeinmal so laut, so eng. Ich fühlte mich so unwohl. Nach wenigen Tagen übertrug sich das auf meine Tochter, die sich dort nicht einfügen wollte und sich an mich klammerte. Ich fühlte mich so schrecklich. Sie war so geschafft, ich war so geschafft. Nachmittags folgten unglaubliche Wutanfälle, von den schlechten Nächten ganz zu schweigen.

Es war eine schwere Zeit. Leider ging die Tagesmutter nicht wirklich auf uns ein. Oder ich habe es nicht an mich rangelassen, es war sicher beides dabei. Als dann die Ersatztagespflegerin übernahm, wurde das ganze nicht besser. Wir steckten fest und ich weiß noch wie ich nach der ersten (hart erzwungenen) Trennung im Auto saß und alles aus mir herauskam. Tränen vor Wut, Trauer, Enttäuschung, Schmerz. Ich wollte das ganze ernsthaft abbrechen.

Meine Tochter wurde dann erstmal krank, es war wirklich so als wenn sie das ganze Art auch erst verarbeiten musste.

Mein Mann übernahm die ganze Eingewöhnung dann, weil ich nicht mehr konnte. Und nach circa 3 Wochen kam es dann zu einer Wendung, denn unsere Tochter akzeptierte die Tagesmutter und die andere Umgebung langsam.

Es dauerte noch mehrere Wochen bis sie nicht mehr weinte beim abgeben. Und dann kam nach circa weiteren 2 Monaten der Punkt, dass sie sich nicht mal mehr umdrehte frühs und dann wieder später Mittags nicht mehr wegwollte. Das war mein Kompromiss: ich lasse sie bis Mittags da und sie kann zu Hause in ihrem Umfeld schlafen und ist nicht so ewig getrennt. Für den Anfang war das gut. Für mich und für sie.

Heute macht unsere Tochter sogar Mittagsschlaf bei der Tagespflege. Heute habe ich was das angeht auch ein gutes Gewissen. Aber das brauchte viel, viel Zeit. Leider kam wenig seitens der Tagesmutter. Mittlerweile haben wir aber einen besseren Draht zueinander.

Vertrauen braucht Zeit. 

Wenn ich es nochmal frei(!) entscheiden könnte. Ich würde bis 2 Jahre warten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen